Oliver Lontzen zur Haftung der österreichischen Turnusärzte

Oliver Lontzen zur Haftung der österreichischen Turnusärzte

Der unabhängige Ärzteberater Oliver Lontzen nimmt sich in diesem Gastkommentar einer wenig bewussten Problematik an – der Haftung der Turnusärzte. In der Tat wissen nur wenige Ärzte in Ausbildung welchem finanziellen Risiko sie ausgesetzt sind. Lontzen hat sich auf Haftpflichtversicherungen spezialisiert und sieht die nunmehr gesetzlich vorgeschriebene für niedergelassene als nicht ausreichend.

Turnusärzte haften ebenso wie andere Ärzte für Schäden, die sie verursachen. Nicht immer wird der Krankenhauserhalter dafür aufkommen oder aufkommen wollen. Das Risiko ist in Wirklichkeit kaum abschätzbar, und deshalb sind auch Turnusärzte gut beraten, sich abzusichern.

Vorweg sollen ein paar Begriffe, die den ärztlichen Alltag nicht bestimmen sollten, behandelt werden:

„Haftung“ bedeutet grundsätzlich das zivilrechtliche Einstehen für einen eingetretenen Schaden. Die „strafrechtliche Verantwortung“ trägt man hingegen für ein Verhalten, das im Strafgesetzbuch ausdrücklich mit einem angedrohten Strafrahmen sanktioniert ist (§ 1 StGB: keine Strafe ohne Gesetz“).

Die zivilrechtliche Haftung (Schadenersatz) ist mit einer Ärztehaftpflichtversicherung abdeckbar. Die Verteidigung für ein von der Anklagebehörde behauptetes strafrechtliches Fehlverhalten erfolgt im Rahmen der Rechtschutzversicherung (und nicht im Rahmen der Haftpflichtversicherung!).

Es gibt derzeit keine Verpflichtung zum Abschluss einer Ärztehaftpflichtversicherung. Es ist aber unbedingt anzuraten, eine solche Versicherung abzuschließen – aus den folgenden Gründen vor allem auch für den Turnusarzt! Im Übrigen wird diese Absicherung auch von österreichischen Ärztekammern dringend empfohlen!

Voraussetzungen für eine Haftung
Welche Voraussetzungen müssen für das Vorliegen einer zivilrechtlichen Haftung gegeben sein? Grob gesagt muss eine Kausalität zwischen Schaden und schädigendem Ereignis vorliegen.   (Wäre der Schaden auch eingetreten, wenn ich mir mein Verhalten wegdenke, oder wäre der  Schaden auch bei rechtmäßigem Verhalten eingetreten?).

Weiters muss eine Rechtswidrigkeit des Verhaltens (ergibt sich aus dem Gesetz oder Vertrag) gegeben sein, und es muss ein Verschulden (persönlich vorwerfbar: Vorsatz = „das wollte ich“ oder Fahrlässigkeit = „zu wenig achtsam“) vorliegen.

Was ist ein Schaden?
Unter Schaden versteht das ABGB jeden Nachteil, der jemandem an Vermögen, Rechten oder seiner Person zugefügt worden ist. In Hinblick auf ärztliche Tätigkeiten kommen damit bei Körperverletzung folgende wesentliche Schäden (Auszug) in Frage:

  1. Heilungskosten – und zwar alle Kosten zur Besserung des Gesundheitszustandes des Verletzten, selbst wenn sie keinen Erfolg haben; jüngst entschied der Oberste Gerichts- hof, dass selbst Therapien zu ersetzen sind, die die Schulmedizin nicht anerkennt, so z.B. die sehr teure Delfintherapie; kurz gesagt: jeder objektiv sinnvolle Aufwand.
  2. Verdienstentgang für die Vergangenheit und die Zukunft. Dieser wird in der Regel durch Renten ersetzt.
  3. Schmerzensgeld für jedes „Ungemach“ wie körperliche und seelische Schmerzen.
  4. Verunstaltungsentschädigung.

Auch bei Tod des Patienten gibt es wesentliche Schäden – und zwar:

  1. anfallende Kosten (Begräbnis, etc.) sowie
  2. Unterhalt für sämtliche hinterbliebenen gesetzlichen Unterhaltsberechtigten (zumeist in Form einer  Rente).

Dienstnehmerhaftpflicht für Turnusärzte
Das Dienstnehmerhaftpflichtgesetz kommt für den Turnusarzt deshalb zur Anwendung, weil er in einem Dienstverhältnis mit einem privatrechtlichen oder öffentlichen Anstaltsträger steht und solcherart tätig ist.

Fügt er seinem Dienstgeber oder einem Dritten einen Schaden zu, muss in der Regel zwar zunächst der Dienstgeber (Anstalt) das Risiko tragen; er kann dafür aber im Nachhinein vom Schädiger Ersatz fordern.

Grundsätzlich gilt: Für eine entschuldbare Fehlleistung (extrem leichte Fahrlässigkeit) haftet der Dienstnehmer nicht.

Bei einem über eine entschuldbare (ganz leichte) Fehlleistung hinausgehendem Versehen (leichte oder an der Grenze zur groben Fahrlässigkeit) kann das Gericht im Einzelfall den Ersatz mäßigen.

In den restlichen Fällen („echte“ grobe Fahrlässigkeit oder Vorsatz) wird der Dienstgeber in der Regel Rückersatz fordern und ist dazu auch grundsätzlich berechtigt.

Für derartige Regressansprüche ist also eine eigene Haftpflichtversicherung für den Turnusarzt nötig.

Organisationsverschulden der Krankenanstalt
Der Begriff „Organisationsverschulden“ bedeutet, dass nicht nur dem Arzt die Sorgfaltspflicht für seine ärztliche Tätigkeit zukommt, sondern auch dem Spitalsträger. Dieser hat die personelle und ausstattungsmäßige Infrastruktur so zu gestalten, dass vorhersehbare Krankheitsfälle behandelt werden können.

Was bedeutet dies für das Kapitel des Organisationsverschuldens?
Vorweg liegt es in der Verantwortung des ausbildenden Arztes, zu prüfen und zu entscheiden, ob ein Turnusarzt für eine bestimmte Tätigkeit geeignet bzw. befähigt ist. Korrespondierend dazu trifft auch den Turnusarzt selbst in jedem Fall die Eigenverantwortung zu beurteilen, ob er sich die Übernahme des entsprechenden Dienstes bereits zutraut.

Wenn ein Turnusarzt, dessen Chef sich hinsichtlich der Beurteilung seines Ausbildungsstandes geirrt hat, selbst weiß, dass er den Aufgaben des selbstständigen Dienstes (noch) nicht gewachsen ist und sich trotzdem darauf einlässt, würde er vorwerfbar fahrlässig handeln und dafür haftbar sein.

Auch aus diesen Gründen ist der Abschluss einer Haftpflichtversicherung für den Turnusarzt dringend anzuraten!

Umfang der turnusärztlichen Tätigkeit
Der Turnusarzt darf „ärztlich“ – unmittelbar am oder mittelbar für den Menschen – tätig werden. Anders als der voll berufs- berechtigte Arzt unterliegt er allerdings der Anleitung und Aufsicht der ausbildenden Ärzte.

Es kann nicht generell gesagt werden, wie weit Anleitung und Aufsicht reichen, vielmehr ist dies im Einzelfall zu prüfen, wobei der tatsächliche Einsatz in der Verantwortung der ausbildenden Ärzte steht.

Klarzustellen ist, dass Aufsicht nicht Draufsicht bedeutet, d.h. der ausbildende Arzt muss nicht immer „daneben stehen“, muss aber jederzeit verfügbar sein und Kenntnis von den Vorgängen haben.

Daraus ergibt sich, dass der Turnusarzt sehr wohl bestimmte Tätigkeiten eigenverantwortlich ausüben darf, aber auch, dass er dafür verantwortlich ist, wenn er diese nicht lege artis durchführt. Deshalb ist auch eine Berufshaftpflichtversicherung für Turnusärzte dringend anzu- raten.

Die Haftung des Turnusarztes im Zusammenspiel mit einem möglichen Organisationsverschulden der Krankenanstalt

Turnusärzte brauchen also eine Haftpflichtversicherung, die auf die spezielle Situation von Turnusärzten Rücksicht nimmt! Sie brauchen eine Ansprechperson, einen Experten für rechtliche Auskünfte, der bei Schäden das richtige macht, aber auch bei unberechtigten Schadenersatzansprüchen eine Abwehrfunktion einnimmt.

Die Versicherung für Turnusärzte sollte die Deckung für einen sehr breiten Tätigkeitsbereich (z. B. ärztliche Erste-Hilfe-Leistungen) im Rahmen des Dienstverhältnisses mit der Krankenanstalt und den Baustein für reine Vermögensschäden (z.B. für die fehlerhafte medizinische Beratung) bieten. Natürlich sollte eine Haftpflichtlösung einen maximalen Deckungsschutz zu einer attraktiven Prämie bieten!

Man kann es drehen und wenden wie man will, derzeit bietet ÄrzteService die attraktivste Haftpflichtversicherung – auch für Turnusärzte.